Verbunden bleiben – Chemie in Corona-Zeiten

Arbeit im Chemie-Labor in Corona-Zeiten – Foto: Isabel Trzeciok

Chemie ist, wenn es knallt und stinkt!? Das ist natürlich nur ein Klischee, aber es macht deutlich, was wir mit Chemie verbinden: Etwas Erlebbares. Und selbst wenn es um kleinste Elemente geht, etwas Greifbares. Chemie ist viel Laborarbeit, egal ob im Studium oder in der Forschung.

Was aber passiert mit dieser Gewissheit, wenn eine Pandemie dazwischenkommt, Labore und Praktikumsräume nicht mehr wie gewohnt genutzt werden dürfen? Corona hat auch in der Fakultät für Chemie seit März 2020 vieles auf den Kopf gestellt und selbst für eine mit Sicherheitsanforderung bestens vertraute Fakultät ganz unerwartete Fragen gestellt: Wie fährt man innerhalb von ganz wenigen Tagen den Betrieb in einer Fakultät komplett herunter? Wie kann man Lehrveranstaltungen in die digitale Welt verlegen und das innerhalb von ganz wenigen Wochen? Und noch viel wichtiger: Wie fährt man das Ganze wieder hoch und stellt dabei die Einhaltung der jeweils aktuellen Infektionsschutzregeln sicher?

An diesen Fragen haben zwei Krisenstäbe der Fakultät gearbeitet und tun es weiterhin. Sie haben Rahmenbedingungen für Studium, Forschung und Servicebereiche geschaffen und die universitären Richtlinien für die konkrete Situation an der Fakultät präzisiert. Homeoffice-Abläufe und digitale Vorlesungen waren dank eines überwältigenden Engagements, vielen Ideen und ganz viel investierter Zeit aller Fakultätsmitglieder erstaunlich schnell erstellt und eingeübt. Viele bisher ungehobene Erfahrungsschätze wurden ausgetauscht.

Aber die Arbeit vor Ort im Labor lässt sich nicht einfach komplett durch Digitales ersetzen, auch nicht für das Chemie-Studium. Die Lösung: Abstandsregeln, Maskenpflicht bei möglicher Unterschreitung der Mindestabstände, fest markierte Laufwege und „Einbahnstraßen“ in Laborräumen, Schichtbetrieb in den Labors der Forschungsgruppen. Das sieht alles etwas seltsam aus, und so fühlt es sich auch an. Aber es funktioniert einigermaßen. Und so kann an den chemischen Instituten seit einigen Wochen wieder experimentiert werden, und auch die Studierenden sind zurück in den Praktika.

So wie in der Wissenschaftsdisziplin Chemie Verbindungen über Abstände zwischen Atomen und Molekülen hinweg eine entscheidende Rolle spielen, ist das auch im großen Gefüge einer Fakultät: In Verbindung bleiben trotz Abstandhalten. Das ist übrigens auch einer der Sicherheitsgrundsätze für die Arbeit im Labor: Es muss immer jemand in Rufweite sein, falls etwas passiert. Weil die eigentlich generell übliche gemeinsame Laborarbeit im Studium und in den Forschungsabteilungen aktuell nur begrenzt möglich ist, muss die Technik an einigen Stellen helfen: Standleitung über das Handy mit dem Nachbarlabor – das ist zum Beispiel eine der Lösungen, um Verbindungen zu erhalten. Auch in großen Labors nur mit Zweier-Teams arbeiten, ist eine andere Möglichkeit.

Hinweis zur Maskenpflicht in der Fakultät für Chemie – Foto: Isabel Trzeciok

Geeigneten Mund-Nasen-Schutz für den Laborbetrieb zu finden, ist übrigens auch nicht ganz einfach. Modelle, die besonders gut filtern (getestet von unseren Physikochemikern), brennen zum Beispiel hervorragend (getestet von unseren Anorganikern, natürlich unter kontrollierten Bedingungen und unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften) und sind daher für viele Labors nicht geeignet. Im Labor sind daher dringend Baumwollmasken zu empfehlen.

Während des Lockdowns war die Arbeit in den chemischen Labors nie ganz eingestellt. Einige Messgeräte können nicht einfach ausgeschaltet werden, sondern müssen regelmäßig zum Beispiel mit Stickstoff zum Kühlen versorgt werden. Und ein kleines Team im Chemikalienlager war ganz besonders fleißig: Es hat für den Krisenstab der Stadt Göttingen Desinfektionsmittel hergestellt.

„Chemie ist, wenn es knallt und stinkt“, das heißt in Corona-Zeiten auch: Es knallt, wenn auf der Baustelle unseres zu sanierenden Praktikumsgebäudes energisch gearbeitet wird, es riecht (oder stinkt) auffällig oft nach Desinfektionsmittel. Und ansonsten ist trotz aller Einschränkungen ein Stück normales Laborleben wieder möglich und wartet auch auf unsere Erstsemester, die zum Wintersemester ihr Studium aufnehmen möchten.

PS: Wer etwas über die Gemeinsamkeiten chemischer und menschlicher Verbindungen und Wechselwirkungen lernen und dabei ein wenig Schmunzeln möchte, schaut sich gerne die Molekularsoziologie an: http://www.molekularsoziologie.de

Autorin: Isabel Trzeciok

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