Dem Artensterben etwas entgegensetzen

Kaum aufgehängt, nutzen Kohlmeisen schon einen der neuen Nistkästen auf dem Institutsgelände (Frederik Köpper / Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie)

Am Göttingen Campus entsteht ein neues Biotop: Das Projekt BioDiversum des Max-Planck-Instituts (MPI) für biophysikalische Chemie soll zum Mit- und Nachmachen inspirieren.

Wo viele Menschen leben, muss die Natur oft weichen. Wie lässt sich der rasante Verlust an Biodiversität bremsen? Können lokale Initiativen überhaupt etwas ausrichten? Ja, sie können! Das hat Max-Planck-Forscher Peter Berthold, emeritierter Direktor des MPI für Ornithologie, mit einem Pilotprojekt am Bodensee gezeigt. Dort schuf er ein Netz von renaturierten Flächen, die für die landwirtschaftliche Nutzung unattraktiv waren – und übertraf mit dem Projekt alle Erwartungen: Innerhalb kürzester Zeit besiedelten zahlreiche Vögel, Amphibien sowie Schmetterlinge, Libellen und andere Insekten die neu geschaffenen Lebensräume. Die Artenvielfalt stieg sprunghaft an. Die Idee dahinter: Wenn kein Biotop weiter als zehn Kilometer von einem anderen entfernt ist, breiten sich Arten leichter von einem zum nächsten aus. Ein Verbund von wiederbelebten Habitaten im ganzen Land unter dem Motto „Jeder Gemeinde ihr Biotop“ könnte so den Schwund der Artenvielfalt aufhalten.

Als Berthold die Projektidee während eines mitreißenden Vortrags im Rahmen der Wissenschaftsreihe beim Göttinger Literaturherbst vorstellte, sprang die Begeisterung auch auf das Publikum über. Und so äußerte Herbert Jäckle, Emeritus-Direktor am MPI für biophysikalische Chemie, gleich nach dem Vortrag spontan: „Das können wir doch auch! Wir haben Platz und könnten diesen hervorragend nutzen. Wir richten als erstes Institut der Max-Planck-Gesellschaft ein Biotop ein.“

Frei nach Berthold nimmt unter dem Motto „Jedem Institut sein Biotop“ nun das BioDiversum Gestalt an. In diesem Frühjahr entsteht am MaxPlanck-Campus am Faßberg ein großer Teich, Herzstück des neuen Biotops am MPI für biophysikalische Chemie. Er soll das Artenspektrum wesentlich erweitern, weil es in der Gegend bisher nur wenige offene Wasserflächen gibt. Vor dem Startschuss der Bauarbeiten haben Experten die Flächen am Max-Planck-Campus unter die Lupe genommen und die Bestände in der Flora und Fauna erfasst. In den kommenden Jahren werden sie regelmäßig überprüfen, welchen Effekt das BioDiversum auf die Artenvielfalt hat. „Schließlich haben wir als wissenschaftliches Institut den Anspruch, alle Fortschritte wissenschaftlich zu erfassen und auszuwerten“, erklärt Frederik Köpper, Koordinator des Projekts. In diesem Frühjahr wurden rund 80 Nistkästen auf dem Institutsgelände aufgehängt – und schon nach wenigen Wochen piepst und zwitschert es aus den künstlich geschaffenen Wohnhöhlen. Den von der Institutstischlerei gezimmerten Turmfalkenkasten hat prompt ein Pärchen bezogen, mit etwas Glück stellt sich bald Nachwuchs ein. Zudem wachsen seltene Orchideen auf einer kleinen Brachfläche, die früher intensiv gemäht wurde. „Wir sind froh, dass wir so schnell erste Erfolge sehen können“, freut sich Köpper. „Und natürlich hoffen wir, dass die Idee am Göttingen Campus viele Nachahmer findet.“

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