Ampelkarten und 3-D-Modelle für die Wärmewende

Großer geothermischer Quellaustritt mit mineralreichem Thermalwasser - Foto: Inga Moeck

Unter unseren Füßen befindet sich seit Jahrmillionen ein kostbares Gut: Wärme. Quellen dieses natürlichen Stroms in Boden und Gestein sind die Restwärme im Erdmantel aus der Entstehungszeit der Erde und die Wärme, die beim Zerfall von Elementen in der Erdkruste freigesetzt wird.

„Die Geothermie ist eine erneuerbare Energiequelle, die wir verstärkt als Alternative zu fossilen Brennstoffen für die Wärmewende nutzen sollten“, sagt Prof. Dr. Inga Moeck, Professorin für Angewandte Geothermik und Geohydraulik an der Universität Göttingen. „Sie kann zukünftig bis zu 42 Prozent der Ökowärme, die wir für das Heizen von Räumen und für Warmwasser benötigen, unter Einsatz etablierter Technologien abdecken.“

Direkt unter der Oberfläche fängt die Erdwärme an, die mit zunehmender Tiefe steigt. „Grundwasser ist etwa 10 Grad warm, in 1.000 Metern Tiefe sind es durchschnittlich 40 Grad, im Erdkern herrschen über 4.000 Grad Celcius“, so die Geologin. Um die natürliche Wärme aus unterschiedlichen Tiefen zu gewinnen, gibt es eine große Bandbreite geothermischer Technologien.

Bei der oberflächennahen Geothermie kommen Sonden oder Kollektoren zum Einsatz, die direkt unter der Oberfläche oder in Tiefen von wenigen Metern bis 100 Metern und mehr verlegt werden. Durch die Sonden und Kollektoren fließt Wasser, das durch das Erdreich erwärmt wird. In einem zweiten Schritt wird die Wassertemperatur in einer Wärmepumpe noch einmal angehoben – ausreichend Energie für Heizung und Warmwasserversorgung in Privathaushalten. „Dies ist in Deutschland fast überall möglich. Für die komplette Wärmeversorgung eines modernen Einfamilienhauses reicht eine Bohrung bis maximal zehn Meter Tiefe aus“, so Moeck.

Für die Industrie und die kommunalen Energieversorger kommen Verfahren der tiefen Geothermie infrage. Bei diesen werden bis zu 180 Grad heiße Wasserquellen in Tiefen zwischen 400 und 5.000 Metern angezapft und das Wasser wird durch Rohre nach oben gepumpt. Ein Wärmetauscher überträgt die Energie dann zum Beispiel in ein Fernwärmenetz.

Abbildung: Inga Moeck

Bei der Frage, wie die Potenziale der Geothermie effizient und sicher zu nutzen sind, kommt die Expertise von Geolog*innen wie Moeck ins Spiel, die ihr geologisch-geophysikalisches Wissen und ihre Datenanalysen einbringen. Unter ihrer Leitung ist die „Metastudie zur nationalen Erdwärmestrategie“ entstanden, in der Projektionen über die Entwicklung des Energiebedarfs für Raumwärme und Warmwasser mit Berechnungen zum Ausbau der Geothermie verknüpft werden. „Unser Ziel sollte sein, den Anteil erdgekoppelter Wärmepumpen von derzeit 30 Prozent auf gut 50 Prozent der insgesamt verbauten Wärmepumpen zu heben“, lautet darin eine Empfehlung für die oberflächennahe Geothermie.

Außerdem berät Moeck bei der Suche nach Standorten für Probebohrungen der tiefen Geothermie. Wo befinden sich unterirdische Heißwasserquellen und wie ist die Gesteinsformation beschaffen, sodass gefahrlos gebohrt werden kann? Mit seismischen Schall-Verfahren können die Geolog*innen mehrere Kilometer tief den Aufbau der Erdkruste erforschen. Im Geothermischen Informationssystem (GeotIS) sind die Untergrundtemperaturen in Deutschland ab einer Tiefe von 1.500 Metern zusammengestellt, geostatistisch kartiert und über zwei- und dreidimensionale Karten visualisiert. Moecks Arbeitsgruppe am Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik in Hannover sorgt für dessen kontinuierliche Aktualisierung und Erweiterung.

Aktuell wird das frei zugängliche GeotIS um Daten aus geringeren Tiefen erweitert. „In unserem Verbundprojekt WärmeGut wollen wir bundesweit einheitliche Ampelkarten und 3-D-Temperaturmodelle zur oberflächennahen Geothermie im regionalen Maßstab in GeotIS bereitstellen“, sagt Moeck. „So lassen sich besonders geeignete, aber auch ungeeignete Standorte leichter identifizieren.“ Das Forschungsprojekt wird im 7. Energieforschungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert – und ist damit Teil der Wärmewende.

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