„Diese Woche ist keine Woche zum Entspannen!“ Wer so etwas zur Begrüßung hört, ist vorgewarnt. Aber für einen gemütlichen Ausflug war auch niemand hier: beim Treffen der Nobelpreisträger in Lindau am Bodensee vom 29. Juni bis 4. Juli. Die Veranstaltung steht jedes Jahr unter einem anderen fachlichen Schwerpunkt. 2025 war es die Chemie.
Traditionell sind dazu herausragende Studierende, Promovierende und Postdocs eingeladen, mit den Preisträger*innen ins Gespräch zu kommen, sich fachlich auszutauschen und zu vernetzen. Margarethe Bödecker und Simon Karnbrock sind zwei der fünf Göttinger Promovierenden und Postdocs, die diesmal im Bewerbungsprozess erfolgreich waren.
Besonders beeindruckt hat die beiden, wie unkompliziert und nahbar die Koryphäen der Chemie waren. Ob beim Lunch oder einem „Science walk“, viele Programmbestandteile zielten auf das Kennenlernen und den Austausch in Kleingruppen. „Diese Frau ist so beeindruckend“, berichtet Margarethe Bödecker von einem Lunch mit Frances Arnold (Nobelpreis für Chemie 2018). Dass sie die Forschung, die ihr letztlich den Nobelpreis einbrachte, durchführte, als ihre Kinder noch klein waren, hat Bödecker besonders beeindruckt und ermutigt, doch über eine eigene Karriere in der Wissenschaft nachzudenken.

Chemie stand natürlich inhaltlich im Mittelpunkt des Treffens. Verschiedene Vortrags- und Diskussionsformate boten Einblick in aktuelle Forschungsthemen und grundlegende Herausforderungen und Chancen, etwa durch den Einsatz von KI in der Chemie. Bödecker selbst durfte in einem Kurzvortrag vor dem Plenum ihre aktuelle Forschung im Rahmen des Graduiertenkollegs 2455 BENCh vorstellen.

Aufgeregt zu sein gehört bei so einer Gelegenheit dazu. Geholfen hat ihr ein Tipp aus einem Gespräch mit Martin Chalfie (Nobelpreis für Chemie 2008), den sie gleich anwenden konnte: Nicht die Augen des Publikums als Pfeile auf einen selbst gerichtet wahrnehmen, sondern sich die umgekehrte Richtung vorstellen. Mit diesem neu ausgerichteten Blick durfte sich Bödecker über sehr positives Feedback zu ihrem Vortrag freuen.

Überhaupt – die kleinen Tipps, Tricks und Anekdoten, die den Teilnehmenden von den Nobelpreisträgern mit auf den Weg gegeben wurden, sind das, was hängen bleibt. Simon Karnbrock berichtet noch begeistert von einem Lunch mit David MacMillan (Nobelpreis für Chemie 2021): „Er hat immer absolute top-Folien und konnte toll erklären, wie man seine Message im Vortrag rüberbringt.“

Zwischendurch wurde es auch mal politisch, als Preisträger*innen aus den USA von den zunehmenden Einschränkungen für Universitäten und die Wissenschaft im Allgemeinen berichteten. Ihre Botschaft: „Wir müssen die Wichtigkeit von Wissenschaft in die Breite tragen. Es darf nicht dabei bleiben, dass wir uns das nur gegenseitig sagen.“
Von morgens um 7 bis abends um 22 Uhr ging das Programm an den meisten Tagen für die Teilnehmenden – vom Partner Breakfast bis zum schicken gesetzten Abendessen. Letzteres wandelte sich innerhalb weniger Minuten in eine Party mit Liveband und gefüllter Tanzfläche. Auch der Ausflug zur Insel Mainau endet mit einer Abschlussparty auf dem Boot, wie Karnbrock und Bödecker berichten.

Die besonders offene und inspirierende Atmosphäre des Treffens mit Menschen aus der ganzen Welt, aber auch wie nahbar und bodenständig die meisten Preisträger geblieben sind, wirken weit über das Treffen hinaus. Das merkt man, wenn Bödecker und Karnbrock erzählen. „Von dieser Woche werde ich noch meinen Enkeln erzählen“, ist sich Bödecker daher sicher. Über das Lindau Alumni-Netzwerk werden sie auch mit den neuen Bekannten, Mentor*innen und Freund*innen in Kontakt bleiben, die sie in Lindau gefunden haben.