Der Blick hinter die Oberfläche

Ob Münze, Schmuckstück, Geschirr oder Gemälde – an zwei Tagen im Oktober konnten Göttinger*innen ihre Gegenstände in der Röntgenphysik mit einer Elementanalyse untersuchen lassen. In unserem Blog stellt Prof. Dr. Hans-Christian Hofsäss seine Methode der Elementanalyse, die sogenannte Protoneninduzierte Röntgenemission (Pixe) vor und erklärt den Nutzen.

  1. Wie funktioniert die Protoneninduzierte Röntgenemission und weshalb wollten sie diese Methode für die Öffentlichkeit zugänglich machen?

Diese Methode liefert punktgenaue Analysen fast aller Elemente in einer Probe. Punktgenau bedeutet, dass unser Protonenstrahl einen Durchmesser von 1 Millimeter besitzt und ca. 50 Mikrometer in die Probe eindringt. Die Methode ist für viele Proben zerstörungsfrei, schnell, sensitiv und erfordert fast keine Probenvorbereitung.  Das Attraktive daran ist, dass die Analyse an fast beliebigen Objekten gemacht werden kann und quantitative Ergebnisse liefert, ohne dass man auf Referenzproben zurückgreifen muss. Das sind alles Gründe weshalb PIXE auch von großen Museen wie dem Louvre, in dessen Keller auch ein Beschleuniger mit PIXE Messapparatur steht, eingesetzt wird.

Wir nutzen unsere Beschleuniger und speziell die PIXE Methode zu Elementanalysen für unsere Forschungsprojekte. Wir haben auch bereits viele antike Keramikproben vom Archäologischen Institut analysiert. Dabei geht es vor allem um Spurenelemente wir Chrom und Nickel, die Hinweise auf die Herkunft dieser Keramiken geben. Im Rahmen des Physikalischen Praktikums bieten wir seit einigen Jahren PIXE auch für Student*innen als Praktikumsversuch an.

Ziel der Aktion war es, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass es diese Analysemethode auch hier in Göttingen vor Ort gibt. Das geht am besten, wenn interessierte Personen ihre eigenen Objekte mitbringen und selbst erfahren, welche verborgenen Details wir den Objekten entlocken können.

  1. Welchen Vorteil sehen Sie mit dieser Messmethode für die Gesellschaft in Zukunft?

Vergleicht man die PIXE Methode mit anderen, auch kommerziell angebotenen Methoden (Stichworte: XRF, Plasma-Massenspektrometrie, Neutronenaktivierung), dann stechen bei PIXE die Einfachheit der Messung in Verbindung mit hoher Sensitivität und quantitativer Analyse hervor. Mit PIXE können bei Bedarf viele Proben in kurzer Zeit analysiert werden. Die Methode gibt es schon seit den 1970er Jahren, sie wurde aber durch die Verfügbarkeit von immer besseren Röntgendetektoren verbessert. Es gibt zahlreiche Anwendungen im Bereich Kunst, Archäologie und Geologie, die sich mit Alter Herkunft, Echtheit oder Fälschung befassen. Viele Anwendungen bei Umweltproben aber auch bei Gegenständen des täglichen Gebrauchs zielen auf den Nachweis von Spurenelementen, von giftigen Elementen wie Arsen und Blei oder Schwermetallen. Spurenelemente sind oftmals wie ein Fingerabdruck eines Objektes, der auf dessen Herkunft schließen lässt. Es gibt zum Beispiel umfangreiche Untersuchungen mit PIXE, um die Verteilung von Blei in der Umwelt zu erforschen. Das Blei stammt aus dem früher verwendeten bleihaltigen Benzin, aber auch aus alten Farbanstrichen, die nicht fachgerecht entfernt wurden.  Der Phantasie für mögliche Anwendungen sind aber keine Grenzen gesetzt. Beispielsweise haben wir Jahresringe von Bäumen untersucht, um festzustellen in welchem Umfang in den vergangenen Jahrzehnten Salz aus dem Grundwasser aufgenommen wird. Woher kommt das Salz? Wenn wir den Grundwasserspiegel durch Entnahme für Trinkwasser immer mehr absenken, kann möglicherweise Meereswasser ins Grundwasser eindringen. Das passiert zum Beispiel in manchen Ländern am Mittelmeer.

  1. Was waren die interessantesten Gegenstände, die Sie im Rahmen dieser öffentlichen Elementanalyse analysiert haben?

Wir haben an den beiden Sonntagen jeweils 23 Analysen durchgeführt. Interessant aus Sicht der Besucher*innen war sicherlich jedes Objekt. Schließlich erfährt man ja immer etwas Neues.  Das reicht über Medaillen für Sportwettkämpfe, die sich als Messinglegierungen entpuppen, Ringe und Ketten aus Weißgold, Silber oder anderen Materialien bei dem nun die komplette Elementzusammensetzung bestimmt wurde. Bei einer vermeintlich alten Bronzefigur hat sich leider auch nur eine Messinglegierung ergeben. Für mich überraschend war eine feuervergoldete Münze, die im Kern aus Messing bestand aber immerhin noch fast 10 Prozent Quecksilber in der Goldschicht enthielt. Interessant war auch, dass wir die Farbzusammensetzung einer Briefmarke bestimmen konnten, obwohl sich Papier sehr leicht bei der Bestrahlung dunkel verfärben kann. Die Frage war hier Original oder Fälschung.  Das geht wohl mit gängigen Röntgenmethoden nur sehr schwer. Hier konnten wir mit nur 30 Sekunden Analyse ein Ergebnis liefern, ohne das die Briefmarke sichtbare Veränderungen zeigte.

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