Zukunft des Palmölanbaus

@ Prof. Dr. Ingo Grass, Universität Hohenheim

Der Konsum von Palmöl ist seit Jahrzehnten stetig angestiegen. 1961 wurden weltweit für die Palmölproduktion 3,62 Millionen Hektar Land genutzt, 2021 waren es fast 20 Millionen Hektar. Die aus dieser Entwicklung und den damit verbundenen Landnutzungsänderungen resultierenden Effekte werden breit diskutiert und thematisiert. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universitäten Göttingen und Hohenheim sucht nach Wegen ökonomische und ökologische Folgen dieser Entwicklung besser in Einklang zu bringen.

Die Kritiken an der Palmöl-Produktion sind grundsätzlich: Regenwaldabholzung, CO2-Emmissionen, Landnutzungskonflikte, Menschrechtsverletzungen und soziale Missstände auf den Plantagen sowie der Rückgang der Artenvielfalt stehen dabei an oberster Stelle. Dem gegenüber steht, dass die Produktion von Palmöl für die Bevölkerung in den Produktionsländern, allen voran Malaysia und Indonesien, eine bedeutende Einnahmequelle ist. Gerade in strukturschwachen ländlichen Regionen spielt sie eine wichtige Rolle für wirtschaftliches Wachstum und die Entwicklung von Wohlstand. So sind weltweit mindestens 5 Millionen Kleinbauern in der Palmöl-Produktion tätig und erwirtschaften gemeinsam etwa 40 Prozent der globalen Palmölproduktion.

Eine Abkehr vom Palmöl ist nicht zu erwarten, zu verbreitet und ökonomisch bedeutsam ist die Verwendung des boomenden Pflanzenöls. Etwa die Hälfte aller Produkte in einem durchschnittlichen Supermarkt in Deutschland enthält Palmöl, so zum Beispiel Schokolade und Schokocreme, Müsli, Kekse, zahlreiche Fertiggerichte, Wasch- Pflege und Reinigungsmittel, Kosmetik, Futtermittel und Kerzen. Vor allem aber kommt Palmöl bei der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch eine bedeutende Rolle zu. Denn trotz gleichwertiger Eigenschaften mit Soja-, Raps- und Sonnenblumenöl wird gerade Palmöl aufgrund seines niedrigen Preises bevorzugt für die Herstellung von Biodiesel verwendet. Mit über 50 Prozent macht der Transportsektor den größten Anteil des Palmölverbrauchs aus.

Quelle: eigene Darstellung nach: Forum Nachhaltiges Palmöl, Analyse des Palmölsektors
in Deutschland im Jahr 2019. Meo Carbon Solutions, Januar 2021

Die Gründe für diese umfangreiche Verwendung des Palmöls sind vielfältig. Neben der politisch geforderten Nutzung erneuerbarer Energien hängen sie mit veränderten Essgewohnheiten und dem daraus resultierenden Anstieg des Pflanzenölverbrauchs zusammen sowie – verbunden damit – dem in Verruf geratenen gesundheitsschädlichen Transfetten. Die unter anderem bei der industriellen Härtung von Pflanzenöl entstehenden Transfette, werden mit der Entstehung von Erkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Diese Erkenntnis ließ Lebensmittelhersteller vermehrt nach Alternativen zu den bis dahin verwendeten Ölen und Fetten suchen. Zunehmend setzten sie dabei auch auf Palmöl, bei dem ein industrieller Härteprozess nicht notwendig ist. Diese Verarbeitungseigenschaften und die besondere Fettsäurezusammensetzung ließen Palmöl in verschiedenen Anwendungsbereichen schwer ersetzbar werden. Parallel dazu stieg auch die Kosmetikbranche zunehmend von tierischen Produkten auf pflanzliche Öle um – und auch hierbei war Palmöl aufgrund seines im Vergleich zu anderen Ölen anhaltend niedrigen Preises attraktiv.

Um einen insgesamt umweltfreundlicheren Anbau von Palmöl zu erreichen, sind alternative oder wiederentdeckte traditionelle Bewirtschaftungsformen in den letzten Jahren in den Fokus geraten. Agroforst-Systeme, Kleinbauern-Kooperativen, chemiefreie Produktion sowie Nachhaltigkeitsbestrebungen für Landschaften könnten das Potenzial für zukunftsweisende Wege entwickeln. Dr. Arne Wenzel, Universität Göttingen, und Prof. Dr. Ingo Grass, Universität Hohenheim, sind überzeugt, dass es mit einem entsprechenden Management möglich ist, gleichzeitig hohe Erträge und eine relativ hohe Biodiversität in den Ölpalmplantagen zu erzielen. Dass die ökologische Nachhaltigkeit verbessert werden kann, ohne dass die hohen Erträge der Ölpalmen beeinflusst werden, indem zum Beispiel mechanische Unkrautbekämpfung anstelle von Herbiziden eingesetzt werden, davon ist auch Prof. Dr. Catrin Westphal, Leiterin der Abteilung Funktionelle Agrobiodiversität an der Universität Göttingen, überzeugt. „Zudem fördert eine hohe Waldbedeckung in der umgebenden Landschaft die Artenvielfalt in den Plantagen. Ein extensives Management in heterogenen Landschaften kann somit sowohl profitabel als auch deutlich umweltschonender als derzeitige Anbausysteme sein.“ ergänzt sie.

Den Wandel tropischer Wälder hin zu einer von Nutzpflanzen dominierten Landschaft von Plantagen hat an der Universität Göttingen auch der Sonderforschungsbereich (SFB) 990 intensiv erforscht. Einige der Untersuchungsergebnisse des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft von 2012 bis Ende 2023 geförderten und mittlerweile abgeschlossenen SFB‘s wurden in der öffentlichen Vortragsreihe Umwandlung tropischer Regenwälder vorgestellt. Sie bietet umfangreiche Einblicke und Hintergrundinformationen und ist auf dem YouTube-Kanal der Universität als Playlist verfügbar.

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