Deep Learning im Forst

Screenshot: Erfassung von Baumkronen in Laubbäumen durch ein künstliches neuronales Netzwerk (gelbe Bereiche).

Wo wachsen welche Bäume, wie entwickelt sich der Baumbestand und wo verändern sich zum Beispiel die Standortbedingungen? Beim Waldmonitoring werden Daten erhoben, die helfen zu beschreiben, wie sich unsere Wälder verändern. Die Inventur am Boden kann mit Daten aus Satelliten- und Drohnenbildern ergänzt werden, aus denen sich zahlreiche Baum-Charakteristika wie zum Beispiel Baumart und Vitalitätszustand ableiten lassen. Für die Auswertung dieser riesigen Datenmengen sind neue computerbasierte Methoden erforderlich, zu denen auch das maschinelle Lernen gehört. Forstwissenschaftler der Abteilung Waldinventur und Fernerkundung der Universität Göttingen haben daher das Studienmodul „Deep Learning und forstliche Anwendungen“ entwickelt. Der Blockkurs wurde im April mit 19 Studierenden aus fünf Fachrichtungen erfolgreich getestet und wird ab dem kommenden Wintersemester für alle Interessierten als Schlüsselqualifikation angeboten.

Deep Learning ist eine spezielle Methode des maschinellen Lernens, bei der Computer künstliche neuronale Netze mit vielen Ebenen nutzen, die denjenigen im menschlichen Gehirn vergleichbar sind. Für eine bestimmte Aufgabe wie zum Beispiel die Unterscheidung von Baumarten wird das Computermodell mit idealerweise hunderttausenden, bekannten Bildern trainiert. Das Modell erlernt, artspezifische Muster, Formen und spezifische Eigenheiten – zum Beispiel die leichte Sternform der Fichte von oben – zu erkennen und zu generalisieren. Ein gut trainiertes Modell kann dann Fichten auch auf neuen Bildern erkennen und markieren.

„Unsere Studierenden haben keine Programmierkurse und sind keine Experten für neuronale Netzwerke“, sagt Forstwissenschaftler Dr. Nils Nölke, der den Kurs gemeinsam mit dem Doktoranden Maximilian Freudenberg durchgeführt hat. „Deshalb haben wir den dreitägigen Kurs so geplant, dass wir ihnen Methoden an die Hand geben, wie sie bereits vorhandene Programmierskripte für neuronale Netze auf neue Aufgaben und Fragestellungen anwenden können – in zukünftigen Projekten oder Abschlussarbeiten.“

Die notwendigen Grundlagen und Fachbegriffe vermittelten sie, indem sie live ein digitales Tafelbild zeichneten. Dann ging es um Anwendungswissen: Welche populären Netzwerkarchitekturen gibt es und wie kann ich sie nutzen? Wie müssen Daten aussehen, um ein Computermodell erfolgreich zu trainieren? Anschließend konnten die Studierenden mit fertigen Programmierskripten üben.

Dieser Fokus auf die konkrete Anwendung kam bei den Kursteilnehmer*innen sehr gut an. Überrascht und erfreut war das Forst-Team von der breiten Resonanz – vom jungen Bachelorstudenten bis zu Promovierenden aus allen vier grünen Fakultäten. Mit dabei war auch ein Student der Digital Humanities, der eine konkrete Anwendung mitbrachte: Er möchte ein künstliches Netzwerk so trainieren, dass es Werke von Künstlern auswerten kann. Das positive Feedback der Teilnehmenden hat die Forstwissenschaftler*innen darin bestärkt, das Modul als einwöchigen Kurs allen Interessierten im Schlüsselqualifikations-Programm anzubieten.

Aus dem Kurs entstanden ist außerdem eine Kooperation zwischen den Waldmonitoring-Expert*innen der Abteilung von Prof. Dr. Christoph Kleinn und dem Data Science-Experten Prof. Dr. Alexander Ecker. Gemeinsam werden sie Masterarbeiten zum „unüberwachten Lernen“ betreuen. In dieser Form des Deep Learning versucht ein Netzwerk, sich selbst zu trainieren, indem es unzählige Bilddaten ohne vorgegebene Klassifikation nach verwertbaren Mustern absucht. Bilddaten für einen solchen Versuch stellen die Forstwissenschaftler*innen bereit.

Screenshot: Hier wurde ein Netzwerk trainiert, Palmen im urbanen Umfeld zu erkennen. Die Markierungen können dann gezählt werden.

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