Lernende in angenehmer Atmosphäre begleiten

Dr. Nele Milsch bei der Preisverleihung – Foto: Stifterverband/Uwe Dettmar

Dr. Nele Milsch von der Fakultät für Chemie der Universität Göttingen ist mit dem Ars legendi-Fakultätenpreis für exzellente Hochschullehre 2022 in der Kategorie Chemie ausgezeichnet worden. Die Jury lobte, sie habe ein umfassendes, didaktisch fundiertes und durchdachtes Schulungskonzept für Tutor*innen und Laborbetreuende entwickelt und umgesetzt. Wir haben bei der Chemiedidaktikerin nachgefragt.

Frau Milsch, was macht gute Lehre aus und was braucht es dafür?

Gute Lehre braucht ein motivierendes Umfeld, wo Lernen Spaß macht und vorurteilsfrei ist. Die Studierenden sollen selbst entdecken können, wo ihre Stärken als auch Wachstumsfelder liegen. Sie sollen keine Angst davor haben, scheinbar unangemessene Fragen zu stellen oder zu äußern, dass sie etwas nicht verstanden haben. Lehren und Lernen findet in sozialer Beziehung statt, wo nicht nur Lernende etwas für sich mitnehmen sollen, sondern auch Lehrende viele neue Perspektiven kennenlernen dürfen, wie Wissen verstanden werden kann.

Tutor*innen unterrichten Studierende in vorlesungsbegleitenden Übungen; in der Chemie gehören aber auch Aufgaben wie die Praktikumsbetreuung dazu. Wie sieht denn Ihr Schulungskonzept genau aus?

Das Schulungskonzept ist in verschiedenen Phasen der Tätigkeit als Tutor*in oder Laborbetreuende verankert. Vor der Aufnahme der ersten Lehrtätigkeit durchlaufen alle eine Basisschulung, in der es um die Rollenerwartung, aber auch um Ängste und mögliche Herausforderungen in der Tätigkeit geht. Es werden Methoden für den Einsatz in Übungsgruppen oder Laborpraktika besprochen und auf Beispiele angewendet. Spezielle Schulungsschwerpunkte für die Betreuung von Praktika sind darüber hinaus „Förderung der Selbstorganisation der Studierenden im Labor“, „Sicherheitsaspekte“ und „wissenschaftliche Arbeitsweise“.  

Wenn Tutor*innen und Laborbetreuende vertiefend in die Thematik von Lehren und Lernen eintauchen möchten, bieten wir Schlüsselkompetenzmodule an, in denen sie ihr Wissen sowie ihre Soft Skills ausbauen und ausprobieren können. Beispielsweise nimmt die Lehrerpersönlichkeit eine wichtige Rolle im Lernprozess ein. Deshalb fokussiert ein Vertiefungskurs Themen wie die Bedeutung von Gruppenphasen, die eigene Führungspersönlichkeit und adressatengerechtes Kommunizieren in den Naturwissenschaften.

Bereits mehr als 100 Personen haben an den Schulungen teilgenommen. Was hat denen besonders gefallen und gibt es auch Feedback von Studierenden, die ja letztlich von guten Tutorien profitieren?

In der Evaluation für die Basisschulung frage ich immer gern nach der wichtigsten Erkenntnis. Hier nennen die Teilnehmenden häufig die vorgestellten Methoden und wie diese angewendet werden. Darauf folgt der Umgang mit den Studierenden und wie das eigene Handeln adaptiv eingesetzt werden sollte. Eine weitere wichtige Erkenntnis ist die Rollenerwartung und die Perspektive, sich als eine*n Lernbegleiter*in zu verstehen. Bei den Vertiefungsmodulen wird immer wieder hervorgehoben, dass die Teilnehmenden in einer sehr angenehmen Atmosphäre lernen durften. Solch Feedback freut mich natürlich sehr, da dies für mich ein authentisches Bild für eine exzellente Lehre wiederspiegelt, welches die Teilnehmenden selbst in ihren Tutorien oder Laborpraktika kreieren sollen.

Das Feedback von den Studierenden erhalte ich indirekt über den Kontakt mit den Tutor*innen und Laborbetreuenden – es ist durchweg positiv. Ein Ereignis ist mir in besonderer Erinnerung geblieben: Ich leite die Tutor*innen dazu an, mit kleinen Check-In-Fragen in die Übungsgruppen zu starten. Hierbei ist beispielsweise die „Good News“-Runde eine schöne Methode, sich auf positive Momente, die einem in der Woche wiederfahren sind, zu konzentrieren. Als ein Tutor dies bei seiner Übungsgruppe anwendete, war er zunächst erstaunt, dass zu Beginn Teilnehmende keine positiven Ereignisse von sich berichten konnten. Durch seinen Einsatz und die Etablierung der Methode schuf er eine positive Atmosphäre, die durch Vertrauen und Wertschätzung geprägt wurde. Ein tolles Feedback für einen frischen Tutor, der im Nachhinein von den Studierenden sogar mit einem Lehrpreis in der nichtselbstständigen Lehre ausgezeichnet wurde. Dies zeigt mir, dass ein gutes Schulungskonzept wichtig ist und exzellent als Multiplikator für eine gute Lehre genutzt werden kann.

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