Kleiner See mit hunderten Arten von Organismen

Fossiler Barsch - Foto: Prof. Dr. Joachim Reitner

In Willershausen im Landkreis Northeim gibt es eine weltberühmte Fossilfundstelle, die Geologen immer wieder neue Erkenntnisse beschert. Sie ermöglicht sogar Rückschlüsse darauf, wie sich die Umweltbedingungen in unserer Gegend entwickeln könnten.

„Fossillagerstätten sind exzellente Fenster in die erdgeschichtliche Vergangenheit“, sagt Joachim Reitner, emeritierter Professor für Paläontologie und Geobiologie, Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und Leiter der Forschungskommission „Origin of Life“. In solchen Lagerstätten finde man zahlreiche und hervorragend erhaltene Fossilien. „Wichtig dabei ist, dass nahezu komplette Lebensgemeinschaften erhalten sind und es somit möglich ist, die ursprünglichen Lebensbedingungen zu rekonstruieren“, erklärt Reitner.

Die Funde in Willershausen weisen darauf hin, dass es dort vor rund drei Millionen Jahren einen kleinen See mit einer Tiefe von 20 bis 30 Metern gab. Dort wurden über 500 verschiedene Arten von Organismen gefunden, die im See und seiner Umgebung gelebt haben.

Viele dieser Arten kommen auch heute noch in Mitteleuropa vor: Gehölze wie Buchen und Eichen, Fische wie Schleie und Barsche und Säugetiere wie Waldmäuse. Viele der gefundenen fossilen Arten leben auch jetzt in wärmeren Klimazonen und anderen geografischen Regionen, wie zum Beispiel der Lebensbaum Thuja und der Mammutbaum Sequoia in Nordamerika oder der Eisenbaum Parrotia in Kleinasien. Die Gottesanbeterin Mantis, eine mediterrane Insektenart, wird bereits wieder im Rheingraben beobachtet, und der Riesensalamander Andrias ist in China und Japan verbreitet.

Fossile Maus – Foto: GZG Prof. Dr. Joachim Reitner

Reitner verweist auch auf andere Wesen, von denen wir nur dank weiterer bedeutender Fossillagerstätten wissen. In den Solnhofener Plattenkalken in Südbayern wurden alle bisher bekannten Exemplare des als „Urvogel“ bezeichneten Archaeopteryx, ein gefiederter Dinosaurier aus der Jura-Zeit, gefunden. Außerdem entdeckte man dort versteinerte Weichteile von Quallen, Libellenflügel und Hautstrukturen. Insekten wurden im baltischen Bernstein verewigt, Urpferdchen im Messel-Ölschiefer nahe Darmstadt. Zeugnisse der ersten komplexen Lebensgemeinschaften fanden Paläontologen zudem in Fossillagerstätten von Chengjiang in Südchina.

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